„Die längste Zeit war die Filmbranche von Männern dominiert […] Doch seit einigen Jahren dominieren immer mehr Frauen das Kino“, erklärt uns Mario Mirschberger bei „Esquire“ und macht eine Liste der „7 erfolgreichsten Regisseurinnen der Welt“. Er macht’s sich einfach: Ganz oben natürlich Greta Gerwig – nicht wegen dem Blockbuster „Barbie“, irgendwie aber schon, denn „der doch durchaus laute Film über die Barbie-Puppe ist höchst feministisch, ein Zeitdokument und machte sie von jetzt auf gleich zur erfolgreichsten Regisseurin aller Zeiten. Sie ist die Stimme einer neuen Generation.“ Zum Kassenerfolg hatte Paul Grein neulich im „Billboard“ [auf Englisch] eine längere Liste veröffentlicht, die auch noch eine Generation weiter zurückreicht. Unter den Top 30 sind Nancy Meyers und die verstorbene Nora Ephron mehrfach vertreten. Auf die Filmkunst achtete Leah Marilla Thomas im Januar bei „Slashfilm“ [auf Englisch] bei ihrer Liste der „20 einflussreichsten Regisseurinnen“. Und die beginnt ganz am Anfang der Filmgeschichte: „Alice Guy-Blaché ist nicht nur die erste weibliche Regisseurin, sie ist auch eine der ersten, wenn nicht die erste Person, die Film verwendete, um eine Geschichte zu erzählen. Guy-Blaché drehte 1896 ihren ersten Film ,La Fée aux choux’. Es gibt einige Streitigkeiten darüber, ob ihr Film oder ,L’Arroseur arrosé’ der Brüder Lumiere zuerst war, aber Guy war dennoch eine Pionierin. Sie begann als Sekretärin für einen Erfinder namens Léon Gaumont und wurde nach der Regie und Schauspielerei in einigen Filmen zur Leiterin der Filmproduktion in seiner Firma befördert. Laut der ,New York Times’ produzierte sie etwa 1.000 Filme. Sie war die erste Frau, die ein Filmstudio schuf und leitete. Und wenn das nicht genug Gründe sind, um ein spritziges Alice Guy-Blaché-Biopic zu rechtfertigen, verliebte sie sich auch in einen ihrer Kameramänner, Herbert Blaché, und heiratete ihn.“ „Die erste Filmemacherin der Welt“ hatte zuletzt Georg Seeßlen bei „EPD Film“ porträtiert – im Juli jährte sich ihr Geburtstag zum 150. Mal. „Für das Verschwinden der Alice Guy aus dem filmhistorischen Gedächtnis gibt es wieder die drei miteinander verwobenen Gründe. Der erste ist die spannungsreiche Biografie selbst […]. Der zweite Grund für ihr Verschwinden war die rasante Entwicklung der Filmproduktion auf dem Weg zum Oligopol von Hollywood. Filme waren Waren, die man nach Gebrauch auch wieder vernichtete. Am Anfang hatten sie noch nicht einmal Signaturen. Das Kino hatte noch kein Gedächtnis. Der dritte Grund aber war jene Amerikanisierung, die zugleich eine Maskulinisierung der Bilderfabriken war. Die Herrschaft der alten weißen Männer hatte begonnen, die beinahe ein Jahrhundert andauern sollte und aus dem Blickraum alles verbannte, was nicht weiß, nicht männlich und nicht amerikanisch war. Das war nicht nur das Werk dieser alten Männer in den Studios selbst, es war das Wesen der neuen Gesellschaft.“
Cinearte #691 – Der Branchennewsletter von Crew United
|