Rettungspläne 
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Einen guten Vorsatz für 2023 wüsste Daniel Kothenschulte in der „Frankfurter Rundschau“: Die Rettung des Kinos. „Das Jahr 2023 dürfte ein Schicksalsjahr für die deutschen Kinos werden. Corona-Hilfen haben das Schlimmste bislang verhindern können, nun muss nur noch das Publikum zurückfinden. In diesen Tagen sieht es gar nicht so schlecht aus, aber der Spätherbst war schon immer die beste Zeit gerade für die kleineren Kinos mit anspruchsvollem Programm. […] Das Kino wird immer mehr zum Ort von Ereignissen werden. In einigen großen Sälen wird man die Premieren von Anime-Filmen feiern und die großen Blockbuster während ihrer kurzen Vorlaufzeit im Kino. Die Lounge-Theater werden auch weiterhin einem zahlungskräftigen Publikum den gepflegten Unterhaltungsfilm mit Drinks servieren. Und auch um die kleinen Kunstkinos, die ihre Stammkundschaft kennen, wird man sich nicht sorgen müssen, im Gegenteil: In den Vororten der Metropolen gibt es schon jetzt ein Comeback des Nachbarschaftskinos. Bedroht ist dagegen der Mittelbau, das ganz ,normale Kino’, das immer die Vielfalt des Films abbildete, der wohl einzigen Kunstform, die uns mal anspruchsvoll, mal trivial, mal mit Fantasy und mal mit dokumentarischer Wahrheit beglückt. 2023 wird das Jahr sein, indem auch die die Politik erkennen muss, dass es nicht reicht, der Filmwirtschaft ein risikoloses Produzieren zu ermöglichen. Ohne die Filmtheater, ohne den Dialog mit Filmen aus aller Welt, wäre das deutsche Kino auch zu Hause unsichtbar.“
Die Kino-Branche hat im vergangenen Jahr wieder Menschen zurückgewinnen können. Es sind aber immer noch 30 Prozent weniger als vor Beginn der Pandemie, meldete die DPA: „Den Kinos geht es besser, aber immer noch nicht gut“, sagte der Vorstand der Filmförderungsanstalt (FFA), Peter Dinges. 
Bei Deutschlandfunk Kultur berichtet Christian Berndt vom Kinosterben in Mainz: Einst brummende Kinostadt, sind heute nur noch vier Filmtheater übrig. Ausgerechnet den beiden verbliebenen Programmkinos droht nun das Aus – das Gebäude wird abgerissen. Doch es gibt Hoffnung, und die hat ist ausgerechnet der Pandemie zu verdanken, erklärt der Kino-Mitbetreiber Jochen Seehuber: „Mainz war eine hoch verschuldete Stadt. Infolgedessen war die Kulturpolitik relativ flach gehalten. Gleichzeitig hat sich eine relativ große Nähe zu den Immobiliengesellschaften entwickelt. Und dann kam eben Corona und der Impfstoff von Biontech, und das hat die Sache radikal verändert. Quasi von einem Tag auf den anderen war Mainz von einer hoch verschuldeten Stadt zu einer der reichsten Deutschlands geworden.“ Marc Siegel, Filmwissenschaftler an der Universität Mainz, kritisiert, dass die Filmpolitik weiter in alten Bahnen verlaufe: „Da werden zum großen Teil Einzelevents betont. So ihre wunderbare Förderung von Filmfestivals und auch die Förderung von Nachwuchsfilmemacherinnen. Aber die Relevanz eines Kinos als notwendiger kultureller Ort eines Staates wird nicht aufgegriffen.“ Das sei allerdings ein gesamtdeutsches Problem. Solange sich an der geringen Wertschätzung des Kinos im Vergleich zu Theatern und Museen nichts ändere, sehe er die Zukunft der Filmkunst in Deutschland pessimistisch.
 
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